Stargate: Auftakt zu einem internationalen KI-Wettrüsten?

Ein Blick auf die Impulse, Chancen und Risiken, die von dem neuen US-Projekt Stargate für den internationalen Tech-Wettbewerb ausgehen.

Stargate setzt ambitionierte Ziele

Im Zuge der Amtsübernahme des neuen US-Präsidenten Donald Trump haben sich Tech-Größen wie Softbank, OpenAI, Nvidia und Oracle in einem Joint Venture zusammengetan, um die Weiterentwicklung künstlicher Intelligenz in den Vereinigten Staaten massiv voranzutreiben. Gemeinsam wollen die Unternehmen in den nächsten vier Jahren 500 Milliarden Dollar in die Weiterentwicklung von KI investieren.

Unter dem Namen „Project Stargate“ soll so der Durchbruch beim Erschaffen einer allgemeinen künstlichen Intelligenz (auch „starke KI“) gelingen. Gleichzeitig strebt die Initiative an, die US-amerikanische Wirtschaft durch das Schaffen von Arbeitsplätzen im eigenen Land zu stärken und ihre vorherrschende Rolle als Wirtschaftsmacht zu behaupten. Insbesondere das im internationalen Wettbewerb erstarkte China soll in die Schranken verwiesen werden.

Herausforderung Energieversorgung und Infrastruktur

Für das Training von KI-Modellen und den Betrieb von KI-Anwendungen wird eine enorme Rechenleistung benötigt. Deshalb sollen in den USA riesige KI-Rechenzentren entstehen – die ersten werden laut Oracle-Gründer Ellison bereits in Texas gebaut. Trump sichert zu, die Partnerunternehmen von Project Stargate dabei zu unterstützen, die Strom- und Energieversorgung für die Rechenzentren zu decken. Dies ist bedeutsam, da die für den Ausbau von Rechenzentren benötigte Energieversorgung mittlerweile in vielen Ländern einen Engpass darstellt. Gerade in Deutschland wird Stromverfügbarkeit für Datacenter immer mehr zum Problem.

Signale für den internationalen Markt

Tech-Milliardär Elon Musk, der der Trump-Regierung als Sonderberater beim Abbau von Bürokratie behilflich sein soll, zweifelt indes an der Finanzierung des Mega-KI-Projekts. Sicher ist jedoch, dass Europa durch die US-Ambitionen Gefahr läuft, auf dem Feld der Zukunftstechnologien als ernstzunehmender Player abgehängt zu werden.

Kurzfristig dürfte der Abstand zwischen Europa und den USA im Bereich der KI-fähigen Rechenzentren weiter wachsen. Jedoch eröffnet die durch die amerikanische Offensive entstandene Dynamik auch die Chance, dass europäische Regierungen unter Zugzwang geraten: Um nicht dauerhaft den Anschluss zu verlieren, müssten sie nun ihrerseits bessere Rahmenbedingungen schaffen und es Unternehmen schmackhaft machen, in den Ausbau neuer Technologien und die benötigte Infrastruktur in Europa zu investieren.

Als Microsoft vor rund einem Jahr ankündigte, 3,2 Milliarden Euro in KI-Rechenzentren in Deutschland und die Schulung von Arbeitskräften investieren zu wollen, war das eine vielversprechende Nachricht. Angesichts des eine halbe Billion schweren Stargate-Projekts nimmt sich diese Summe allerdings gering aus. Sollten europäische Unternehmen aufgrund der Anforderungen an die Datensouveränität die Notwendigkeit sehen, ihre Daten verstärkt in europäischen Rechenzentren zu speichern, könnte dies die Bedeutung des Standorts Europa wieder aufwerten.

(Lesen Sie auch eine Einschätzung zu den Auswirkungen der geplanten KI-Offensive der USA auf den Tech-Standort Europa von Jerome Evans, CEO und Gründer der firstcolo GmbH, im Interview mit der Computerwoche).

Die Frage der (De-)Regulierung

Neben den massiven Investitionen spielt auch der Aspekt der Deregulierung eine wichtige Rolle. Um der technologischen Entwicklung den Weg zu ebnen, streicht Trump einen Erlass seines Vorgängers Biden zur Regulierung von KI ersatzlos. Durch diesen Freibrief für US-Unternehmen bei der KI-Entwicklung, aber auch aufgrund ihrer eigenen regulatorischen Maßnahmen (wie dem European AI Act) droht die EU beim Thema künstliche Intelligenz weiter ins Hintertreffen zu geraten. (Lesen Sie hierzu eine Einschätzung des Digital-Branchenverbands Bitkom zu den Unterschieden im Innovations- und Wirtschaftsklima in den Vereinigten Staaten und der EU).

Risiken künstlicher Intelligenz

Nobelpreisträger Geoffrey Hinton, der durch seine Forschungsarbeit zu neuronalen Netzen maßgeblich an der Entwicklung künstlicher Intelligenz beteiligt war, äußerte 2023 gemeinsam mit anderen Experten seine Bedenken angesichts einer potenziellen Bedrohung der Menschheit durch KI-Systeme. Er wies dabei auch auf KI als Mittel der Manipulation beispielsweise durch ein autoritäres Regime hin.

Das chinesische KI-Startup DeepSeek brachte Ende Januar die Börsen in Aufruhr, als es seinen derzeit kostenlos nutzbaren KI-Chatbot lancierte. Nutzer berichten, dass die KI auf Fragen nach der chinesischen Politik ausweichend reagiere, was den Verdacht der Einflussnahme und Zensur unerwünschter Inhalte aufwirft.   

Die EU, die eine umfassende KI-Regulierung verfolgt, wird gut abwägen müssen, wie die Balance zwischen einem innovationsfreundlichen Klima einerseits und berechtigten Bedenken gegenüber einer entfesselten KI-Forschung gelingen kann. Ohne gültige staatliche Richtlinien zur KI-Entwicklung befeuern die USA in jedem Fall ein regelrechtes internationales KI-Wettrüsten.

 
Quellennachweis
Jerome Evans

Jerome Evans ist seit über 15 Jahren in der IT-Branche tätig und gründete das Unternehmen firstcolo GmbH. Er ist verantwortlich für den Aufbau und Betrieb von Rechenzentren und zunehmend auch für Cloud-basierte Serverinfrastrukturen. 

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